Genialer Wahnsinn und die Aussicht auf Innovatives
„Genie und Wahnsinn sind immer eng verbunden. Und Beides sollte gewürdigt werden. Der Ignoble-Preis macht das. Als Beispiel: 2010 wurde der Preis in der Kategorie Transportplanung vergeben für die Erforschung der Verwendung von Schleimpilzen, um optimale Routen für Eisenbahnschienen zu finden. Warum auch nicht? Hier ist Innovatives in Aussicht. Vielleicht.“
Der pure Wahnsinn
Katzen gelten ja für den Menschen an sich als ausgesprochene Schmusetiere und sie lassen sich gerne streicheln – wenn sie dazu Lust haben. Trotzdem hat sich der Mensch über den Aggregatszustand einer Katze noch nicht ausreichend Gedanken gemacht: Ist die Katze fest oder flüssig oder gar Beides?
Das Krokodil dagegen ist gegenüber dem Menschen als eher eingeschränkt sozial zu bezeichnen. Positiv vermerken kann man die Tatsache, dass Krokodile nie falsch parken. Dies unterscheidet sie signifikant von Besitzern von Luxusautos. Aber ansonsten hat das Krokodil zum Beispiel wenig Interesse daran von Menschen gestreichelt zu werden; dafür aber umso mehr, diese zu fressen. Wenn es gerade Hunger hat. Falls es keinen Hunger hat, dann ist ihm der Mensch auch völlig egal. Insofern ist es für Menschen, die unbeabsichtigt den Weg eines Krokodils kreuzen, ein Glücksfall, wenn das Krokodil zu diesem Zeitpunkt gerade nicht hungrig ist. Und es ist dann eben kein Glück, wenn das Krokodil zu diesem Zeitpunkt gerade den kleinen Hunger zwischendurch verspürt.
Wie heißt es immer so schön: Glück muss man haben. Natürlich kann man dieses Glück auch herausfordern. Viele Menschen machen das auch gerne: Das Glück in finaler Weise herausfordern. Menschen stürmen gerne senkrechte Bergwände hoch – ohne Sicherung. Stürzen sich sodann von Wänden wieder hinab – gesichert mit einem Gummibändchen. Immer ein wenig dem Wahnsinn nahe. Und was liegt da näher, sich auch mal einem Krokodil zu nähern, um herauszufinden, ob es ein wenig Hunger hat. Genaue wissenschaftliche Messungen sind dabei gar nicht nötig. Die Ergebnisse sind eher offensichtlich. Gegebenenfalls.
Wahnsinn, aber mit Methode
Trotzdem kann man genau diesem und ähnlich wichtigen Problemen auf den Grund gehen. Da ist das folgende Problem geradezu profan: Was kann gegen falsch parkende Luxusautos und deren Besitzer unternommen werden? Abschleppen und Strafzettel mal ausgenommen? Aber zurück zum Krokodil: Das haben die Australier (wer auch sonst?) Matthew Rockloff und Nancy Greer getan. Sie haben den Zusammenhang zwischen dem Umgang des Menschen mit lebenden Krokodilen und der Bereitschaft zur Teilnahme an Glücksspielen anhand von Experimenten erforscht. Warum auch nicht? Es ist dies eine innovative Fragestellung, die sicher ein Teil dieser Welt schon lange geklärt haben wollte. Vor allem wollte dieser Teil der Welt das anhand von validen Experimenten belegt haben. Das ist ein wenig crazy, verrückt, wahnsinnig. Aber das ist dann eben Wahnsinn mit Methode.
Das Ergebnis aus genau diesen Experimenten sei einerlei. Die beiden Wissenschaftler haben dafür jedoch den „Ignoble“-Preis erhalten. Dieser wird von der Zeitschrift „Annals of Improbable Research“ vergeben, er hat den Ruf eines „Anti-Nobel-Preises“ und er wird an keiner geringeren Hochschule als der Havard-Universität überreicht. Es geht bei diesem Preis um die Würdigung abseitiger wissenschaftlicher Leistungen. Das Motto, das dahintersteht, ist: „to honor achievements that first make people laugh, and then make them think“. Und da wird es nun richtig interessant. Denn wie viele Entdeckungen wurden bereits am Anfang belächelt, ja, öffentlich lächerlich gemacht? Um am Ende dann doch zu erfolgreichen Innovationen zu werden.
Des Wahnsinns fette Beute
Die Voraussetzung für die Teilnahme ist also, dass die Arbeiten erst einmal zum Lachen anregen. Dann aber ist der Anspruch gegeben, dass sie auch zum Nachdenken anstoßen sollen. Diesen Ansatz finde ich richtig gut. Das ist nicht mehr einfach nur um die Ecke oder outside the box denken. Das ist weit weg von allen Ecken und Boxen des Bestehenden. Es ist ein Abtauchen in Absurditäten, in Unmögliches, in Unbekanntes. Überspitzt und provokativ gesagt: Wir sind hier im Grenzbereich von Genie und Wahnsinn. Und wenn es um Neues und damit letztendlich auch um Innovation geht, dann wissen wir auch, dass vor allem dort fette Beute zu machen ist.
Vor einiger Zeit habe ich in meinem Blog-Artikel „Fakt ist was?“ darüber geschrieben, wie die Stadt Gent mit dem Problem des wilden Plakatierens umgeht. Das ist so absurd wie gut und vor allem erfolgreich. Und der Ignoble-Preis geht diesen Weg: Wahnsinn und Genie! Und er würdigt wissenschaftliche Leistungen über flüssige Katzen!
Der Ignoble-Preis: Ein Wahnsinnsfundus
Apropos Wahnsinn: Erinnern Sie sich noch an das Tamagotchi? 1997 erhielten die Erfinder des Tamagotchis den Ignoble-Wirtschaftspreis dafür, dass sie es geschafft hatten, weltweit bei Arbeitnehmern Millionen von Arbeitsstunden von der Arbeit in die Pflege von virtuellen Haustieren umzulenken.
Aktuell, also 2017, wurde das Forscherteam um Marc-Antoine Fardin dafür gewürdigt, weil sie sich der Frage verschrieben haben, ob die Katze an sich flüssig ist. Das Ergebnis steht noch nicht fest. Es seien weitere Untersuchungen notwendig.
Oder: 2005 wurde der Preis in der Kategorie Wirtschaft verliehen für die Erfindung eines rollenden Weckers, der sich immer wieder selbst versteckt, um so den Aggressionen des missmutigen Geweckten zu entkommen.
2010 wurde der Preis in der Kategorie Transportplanung vergeben für die Erforschung der Verwendung von Schleimpilzen, um optimale Routen für Eisenbahnschienen zu finden. Da mutet der Preis für Management im gleichen Jahr direkt sinnvoll an: Er wurde drei Italienern überreicht, die mathematisch nachgewiesen hatten, dass Organisationen effizienter wären, wenn Mitarbeiter nach dem Zufallsprinzip befördert werden würden.
Ein Jahr später erhielt John Perry von der Stanford University den Ignoble-Literaturpreis für sein Werk „The Art of Procrastination“. Hier ist seine Haupterkenntnis bemerkenswert: „Um ein Überflieger zu sein, arbeite stets an etwas Wichtigem, um zu vermeiden, etwas zu tun, das noch wichtiger ist.“
Der Friedenspreis 2013 ging an den Präsidenten von Weißrussland für die Einführung des Verbots des öffentlichen Applaudierens. Und zugleich ging der Preis auch an die weißrussische Polizei, die einen Einarmigen festnahm, weil er in der Öffentlichkeit applaudiert hatte. Zwei Jahre zuvor hatte diesen Preis Artūras Zuokas, der Bürgermeister von Vilnius in Litauen erhalten. Er lieferte den Nachweis dafür, dass das Problem mit falsch geparkten Luxusautos gelöst werden kann. Und zwar indem man sie mit Panzern überrollt. Das ist jetzt vielleicht nicht die Innovation schlechthin. Aber denken wir daran: „Achievements that first make people laugh, and then make them think …“
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