Das Biker-Prinzip

Wenn alle gleich ticken, dann lässt sich als jemand, der mit den Gleichtickenden in Kontakt steht, nur mit hohem Aufwand die Alternative realisieren, sich gegen das gemeinsame Ticken zu wehren. Das ist das Biker-Prinzip und dieses ist empfehlenswert für die Verwirklichung einer Unternehmenskultur – für Innovation, Agilität, Qualität und Wissen. 

 

Das Biker-Prinzip, es tickt

Seit gestern, 31.10.2015, ist sie für mich vorbei: Die Motorradsaison. Das Saisonkennzeichen zeigt mir das an. Und ich habe in diesem Sommer etwas Wichtiges gelernt: etwas, was auch mit Innovation, Wissen und Qualität zu tun hat.  Ich könnte es das Biker-Prinzip nennen. Das muss man aber nicht. Ich mache es aber trotzdem.

Fahren Sie Motorrad? Wenn ja, dann wissen Sie, dass sich Motorradfahrer untereinander grüßen. Warum das so ist? Genau weiß ich das nicht. Aber ich denke, dass das damit zu tun hat, dass Motorradfahren vor langer Zeit eine Art Ausdrucksweise eines besonderen Lebensstils war – ganz im Sinne des Kultfilms „Easy Rider“.  Und deswegen fühlte man sich wohl einander gleichgesinnt, man tickte gleich, man war gegenseitig verbunden und deswegen grüßte man sich unter seinesgleichen. Soweit zum Allgemeinen.

 

Gegen das Biker-Prinzip!

Ich bin vor vielen Jahren leidenschaftlich gerne Motorrad gefahren – unabhängig von Strecke, Wetter oder Ziel. Dann kam mein Sohn zur Welt, das Motorrad kam zuerst in die Garage, dann in eine Zeitungs-Annonce und dann kam es weg. Nach über 15 Jahren war ich in diesem Jahr nun wieder auf einem Bike – es war herrlich, aber das tut hier nichts zur Sache.

Interessant ist nun wiederum das Grüßen. Ich wurde auf meinen Touren permanent gegrüßt, denn die Anzahl der Motorradfahrer hat sich in den letzten 15 Jahren scheinbar verhundertfacht. Pausenlos kamen mir grüßende Motorradfahrer entgegen. Und: Ich habe nicht zurückgegrüßt – weil es so viele Gleichgesinnte überhaupt nicht mehr geben kann. Vor allem bin ich ehrlich gesagt auch kein Gleichgesinnter mehr: Ich bin mittlerweile ein, die mir damals suspekten – um keinen anderen Begriff verwenden zu müssen -, Sonntagsfahrer. Deswegen: Ich grüßte nicht und das konsequent. Aber ich wurde trotzdem permanent geradezu aggressiv angegrüßt. Und mit jedem verweigerten Zurückgrüßen fühlte ich mich unwohler. Da wollte mir ja niemand etwas Schlechtes. Ganz im Gegenteil. Es ist ja ein Akt der Freundlichkeit; wenn auch ein oberflächlicher. Ich werde gegrüßt, also mir wird freundlich entgegengekommen, aber ich grüße nicht zurück und bin also unfreundlich. Und so fühlte ich mich eben dabei immer unwohler; meine persönliche Strategie wurde mir zur psychischen Last …

 

Mit dem Biker-Prinzip!

Und dann habe ich eines Tages aufgegeben: Ich grüßte wieder zurück. Der soziale Druck war zu groß. Ich habe auch wieder mitgemacht und grüßte also jeden!

Und warum schreibe ich das hier in diesem Blog?

Weil dieses Beispiel ganz einfach zu übertragen ist: Wenn alle gleich ticken, dann hat man als jemand, der mit den Gleichtickenden in Kontakt steht, nur mit hohem Aufwand die Alternative zur Verfügung, sich nicht ins gemeinsame Ticken zu begeben. Es ist immer schwierig und es bedeutet immer Aufwand, gegen den Strom zu schwimmen. Das ist Kultur: Das eine ist eine Art Motorradfahrer-Kultur; das andere ist eben eine Team- oder Unternehmenskultur. Wenn alle grüßen, dann tut man sich schwer nicht zu grüßen. Wenn alle überlegen, wie man etwas besser machen kann, dann tut man sich schwer, nicht mit zu überlegen. Wenn alle sich unterstützen, dann ist es schwierig, sich da rauszuhalten – auch wenn man vielleicht die Strategie verfolgt, eben da nicht mitzumachen. Aus der Geschichte gibt es genau dazu auch einige schreckliche Beispiele …

Und damit ist Peter Druckers „Culture eats strategy for breakfast!“ nicht aus der Luft gegriffen: Ich fuhr nur noch einhändig, da ich die linke Hand ja andauernd fürs Grüßen benötigte. Und ich fühlte mich wieder besser.

Aber von heute bis März 2016 spielt das erstmal keine Rolle mehr …