Qualität, Qualität und Qualitätsmanagement – Eine Aufforderung
„Und so gibt es die eine Qualität, die das Ergebnis widerspiegelt. Es gibt aber auch die andere Qualität, die den Weg zum Ergebnis darstellt. Denn wer heute noch Qualitätsmanagement ausschließlich als Produktqualität versteht, der hat weder das eine, noch das andere verstanden.“
Qualität, Qualität und Qualitätsmanagement – Was ist hier los?
Beurteilen Sie hin und wieder die Qualität Ihres Lebens? Sie tun das sicherlich. Wenn vielleicht nicht bewusst, so dennoch immer wieder unbewusst und zwischendurch. Dann sind Sie mit dem einen zufrieden und mit dem anderen vielleicht eher nicht so zufrieden. Und das ist dann irgendwie Qualität: Denn wenn Sie mit etwas zufrieden sind, dann hat das für Sie die erwartete Qualität. Wenn nicht, dann eben nicht und Sie sind mit der Gesamtsituation unzufrieden. Wenn die erwartete Qualität gar übertroffen wird, dann sind Sie begeistert. Das ist dann noch viel besser als einfach nur Qualität – das ist dann eben Begeisterung, oder Excellence.
Um nach außen hin die Qualitätsfähigkeit des Unternehmens dokumentieren, ja, beweisen zu können, werden Qualitätsmanagementsysteme eingeführt. Bei einer erfolgreichen Einführung kann man dieses System begutachten und sich ein Zertifikat ausstellen lassen. Dieses, auf der Website veröffentlicht und im Unternehmen im Eingangsbereich an die Wand genagelt, zeigt allen: Bei uns wird Qualität großgeschrieben.
Soweit so gut. Aber leider wirklich nur soweit. Gehen wir über das Soweit hinaus, dann ist oftmals nichts mehr so richtig gut. Genau darauf gilt es nun zu reagieren – in dem wir alle zu agieren beginnen. Um was geht es?
Qualität und Qualität – zwei Dimensionen
Wenn wir unser neues Auto, unser neues Kleid, unser neues Kochtopfset oder die Pflege für unsere Oma betrachten, dann betrachten wir automatisch die Qualität. Wir haben eine Erwartung und die wird erfüllt oder nicht. Dann sind wir zufrieden oder nicht. Aber wie ist das nun mit unserem neuen Kleid genau? Wenn es uns gefällt, die Materialien und die Verarbeitung gut sind – sind wir dann zufrieden? Nicht ganz, denn der Preis muss auch noch passend sein.
Also: Das Kleid gefällt. Material und Verarbeitung sind gut. Preis passt. Dann ist die Welt des Konsumenten in Ordnung. Dann funktioniert Qualitätsmanagement. Das System bringt die erwartete Leistung. Auf den ersten Blick.
So sehen wir, also die meisten von uns, den Begriff der Qualität in der Praxis umgesetzt. Aber so einfach ist das leider nicht. Denn es stellen sich jenseits der Zufriedenheit des Kunden noch weitere Fragen. Was zum Beispiel ist mit dem Weg des Kleides von der Produktion in unseren Kleiderschrank? Soll dieser unberücksichtigt sein und bleiben? Oder wo kommen die guten Materialien für das Kleid her? Und stellt sich nicht auch die Frage, warum dieses ausgesprochen tolle Kleid so günstig ist? Diese Frage muss sich sogar zwingend stellen! Und so gibt es die eine Qualität, die das Ergebnis widerspiegelt. Das ist für uns selbstverständlich.
Es gibt aber auch die andere Qualität, die den Weg zum Ergebnis betrachtet. Denn wer heute noch Qualitätsmanagement ausschließlich als Produktqualität versteht, der hat weder das eine, noch das andere verstanden. Das ist nicht zwingend neu. Der amerikanische Wissenschaftler Avedis Donabedian führte in den sechziger Jahren bereits drei Qualitätsdimensionen in Bezug auf Qualität im Gesundheitsweisen ein. Er benannte neben der klassischen Ergebnisqualität auch die Struktur- und Prozessqualität. Das war eigentlich ein großer Schritt. „Eigentlich“ deswegen, weil die ganz große Rezeption ausblieb. Sein Einfluss ist jedoch unbestreitbar vorhanden. Und er nimmt, gedanklich noch viel mehr ausgeweitet, an Fahrt auf.
Qualitätsmanagement – Was wird hier gemanagt?
Wenn wir also heute von Qualitätsmanagement sprechen und dieses auch in der Praxis wirkungsvoll umsetzen wollen, dann gilt es Qualität viel umfassender zu verstehen. Es geht schon lange nicht mehr nur um die Zufriedenheit des Kunden – auch wenn diese nach wie vor im Hauptfokus steht. Es geht um alle Beteiligten. Und so haben auch die Macher der begriffsdefinierenden ISO 9000 reagiert und Qualität neu festgelegt. Sie muss heute verstanden werden als das „Vermögen einer Gesamtheit inhärenter Merkmale eines Produkts, eines Systems oder eines Prozesses zur Erfüllung von Forderungen von Kunden und anderen interessierten Parteien.“ Es geht also mittlerweile mehr um die „Gesamtsituation“.
Es geht also nicht mehr nur um das Produkt, um das Dienstleistungsergebnis, sondern eben auch um das System oder den Prozess. Donabedian lässt an dieser Stelle grüßen. Und es geht auch nicht mehr nur um den Kunden. Andere interessierte Parteien, wie die Lieferanten, die Mitarbeitenden, die Händler, aber unter Umständen auch die gesamte Gesellschaft rücken zusätzlich zum Kunden in den Betrachtungsfokus.
Das alles gilt es zu managen. Dafür gilt es Ziele zu setzen. Das heißt also, dass das Erreichen einer größtmöglichen Kundenzufriedenheit noch immer wichtig, aber nicht das alleinig Entscheidende sein darf. Wenn eine Organisation langfristig erfolgreich sein will, dann braucht es zufriedene Lieferanten, die am Wohl ihres Kunden interessiert sind – nicht nur an dessen Geld. Es braucht zufriedene Mitarbeitende, die ebenso am Wohl ihres Unternehmens interessiert sind – nicht nur an ihrem Lohn und Gehalt. Und es braucht eine Umgebung, die stolz auf das Unternehmen in der Region und nicht nur an den Gewerbesteuereinnahmen interessiert ist.
Qualität muss gemanagt werden!
Dafür gilt es nicht nur Ziele zu setzen, es gilt diese auch permanent zu überwachen und gegebenenfalls auszugleichen. Wenn wir von einem erfolgreichen Management sprechen wollen, dann ist damit gemeint, dass zwischen all diesen Anforderungen eine Ausgewogenheit, eine Balance gewährleistet werden muss. Es ist möglich, Lieferanten zum Zweck eines billigen Endproduktpreises zu knechten. Ebenso ist es möglich, die Mitarbeitenden auf beste Art und Weise auszubeuten: Immer weniger Stellen für immer mehr Arbeit. Gerne wird dafür die zunehmende Digitalisierung als Argument verwendet. Das Problem wird nur sein, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels, dass es in diesen Unternehmen bald keine Mitarbeitenden zum Ausbeuten mehr geben wird. Hier gilt es Warnsignale – ausgehend von den Zielen – in jedem Unternehmen zu etablieren.
Somit ist das Ziel „Hohe Kundenzufriedenheit“ eine unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg eines Unternehmens. Aber die alleinige Fokussierung darauf wäre ähnlich intelligent, wie bei einem Auto immer nur die Tankfüllung im Auge zu behalten. Dass der Tank gefüllt ist, ist notwendig um fahren zu können. Aber wenn nach tagelangem blinkenden Leuchten der Warnlampe das Öl im Motor endgültig verbraucht ist, dann hilft der gut gefüllte Tank ohne blinkende Warnleuchte nicht so richtig weiter. Und Sie werden schlagartig mit der Gesamtsituation sehr unzufrieden sein. Genau das soll ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem verhindern.
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