Klimawandel wird Qualitätsthema? Es wird ernst!

Klimawandel konkret in der ISO 9001? Die Dynamik von der Unterzeichnung der Londoner Erklärung 2021 bis zur nun vorliegenden Leitlinie 2024 als hektisch zu bezeichnen wäre sicher übertrieben.

 

Klimawandel: Ein Thema für die Großen 

Wie findet ein sehr spezifisches Thema plötzlich Einzug in die ja grundsätzlich eher allgemein gehaltene Managementnorm ISO 9001? So passiert im April 2024. Ganz ohne Revision der Norm. Der Klimawandel ist plötzlich konkreter Bestandteil der ISO und damit Pflichtthema in den Audits.  Überraschung!

Große Organisationen müssen sich schon länger nachweislich mit dem Thema beschäftigen und haben eine Offenlegungspflicht, inwieweit ihr direktes, aber auch ihr indirektes Handeln dem Klimawandel eher zu- oder abträglich ist. Ohne Überraschung: „abträglich“ ist besser. Natürlich gibt es auch noch die, die den Klimawandel leugnen. Das ist dann eher unerträglich. Und Punkt!

Kleinere und mittlere Organisationen haben diese Verpflichtung bisher nicht. Bisher. Denn Organisationen, die ihr Managementsystem zum Beispiel nach ISO 9001 zertifiziert haben, werden in Zukunft, und das heißt: ab jetzt und sofort, sich ebenfalls nachweislich um ihren Einfluss auf den Klimawandel kümmern müssen. Was das heißt, das soll im Folgenden etwas näher erläutert werden.

Die Londoner Erklärung zum Kampf gegen den Klimawandel durch Normen wurde im September 2021 von den Mitgliedern der ISO genehmigt. Diese historische Verpflichtung wurde während der ISO-Generalversammlung 2021 unterzeichnet und sie markiert das Engagement der ISO, die Klimaagenda bis 2050 zu erreichen. Die Erklärung betont die entscheidende Rolle internationaler Normen, die das globale Wirtschaftssystem stützen und Vertrauen in alle Aspekte des internationalen Handels schaffen sollen.

 

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Klimawandel und ISO

 

Klimawandel und das Auditieren nach ISO 9001

Seit April 2024 ist dazu nun also eine Leitlinie, eine „Guidance“ veröffentlicht, die auf der Londoner Erklärung beruht. Die Dynamik von der Unterzeichnung der Londoner Erklärung 2021 bis zur nun vorliegenden Leitlinie 2024 als hektisch zu bezeichnen wäre sicher übertrieben. Aber alle ISO-Mitglieder zugestimmt, Änderungen an über 30 (!!!) ISO-Managementnormen vorzunehmen, einschließlich ISO 9001, um Überlegungen zum Klimawandel in Bezug auf die eigene Organisation verpflichtend einzufordern. Dazu wurde nun ein „Guidance on: Auditing Climate Change issues in ISO 9001” veröffentlicht, der die Auditierung dieser erläutert. Na also!

Seit 17 Jahren bin ich in vielen Organisationen verschiedener Branchen als ISO 9001-Auditor unterwegs. Seit 2015 habe ich Themen der Nachhaltigkeit, und damit natürlich auch das Thema „Klima“ in meine Audits integriert. Warum? Weil seit Einführung der ISO 9001:2015 das Kapitel 4 und damit der „Kontext der Organisation“ der Dreh- und Angelpunkt der inhaltlichen Ausrichtung eines Managementsystems sein muss! Und dass der Klimawandel kein Kontextthema ist, das können wirklich nur wenige von sich behaupten. Sehr wenige!

 

“Guidance on: Auditing Climate Change issues in ISO 9001”

Das bereits angesprochene Dokument (hier im Original zum Download) stellt jetzt eine Anleitung dar, wie Klimawandel-Aspekte im Rahmen der ISO 9001-Norm (und nicht nur in dieser!) geprüft werden können. Jetzt wird es also ernst: Um was gilt es sich nun ganz bewusst zu kümmern?

Die Organisation muss externe und interne Themen bestimmen (siehe Anforderung 4.1), die für ihren Zweck relevant sind und ihre Fähigkeit beeinflussen, das beabsichtigte Ergebnis ihres Qualitätsmanagementsystems zu erreichen (siehe hierzu auch den alten Artikel von mir: ISO 9001:2015 – Ein Fest!). Soweit bekannt. Neu hinzugefügt wurde aber nun, dass die Organisation bestimmen soll, ob der Klimawandel ein relevantes Thema ist. Die Frage dürfte aber eher nicht sein, „ob relevant“, sondern eher „wie relevant“. Mal schauen.

Die Organisation muss die interessierten Parteien bestimmen, die für das Qualitätsmanagementsystem relevant sind, sowie die relevanten Anforderungen dieser interessierten Parteien und welche dieser Anforderungen durch das Qualitätsmanagementsystem adressiert werden (siehe Anforderung 4.2). Neu hinzugefügt wurde der Hinweis, dass relevante interessierte Parteien Anforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel haben können. Nicht nur das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz lässt grüßen!

 

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Und jetzt alles neu? Eher nicht.

Das heißt nun, dass die Anforderungskapitel 4.1 und 4.2 der ISO 9001 sich nicht ändern. Sie werden nur in Bezug auf das Thema „Klimawandel“ konkretisiert. Die neuen Ergänzungen sollen sicherstellen, dass der Klimawandel fest im Blickfeld der Organisation steht. Und es geht weiter darum, wie er bei der Gestaltung und Implementierung ihres Qualitätsmanagementsystems besonders berücksichtigt wird. Daraus ergeben sich dann – Kapitel 4 als Dreh- und Angelpunkt! – jede Menge Konsequenzen für das Managementsystem. Aber auch das hat sich nicht geändert: Wenn der Kontext sich ändert, dann ändert sich eben auch der zu bearbeitende Inhalt des Managementsystems. Was sonst?

Die Rolle der Auditierenden wird es dann sein, zu bewerten, ob die Organisation Klimawandelthemen für sich aktiv identifiziert. Wie sie sie bewertet und wie sie dann damit im Weiteren umgeht, das werden weitere Fragen sein. Das wird den Klimawandel noch immer nicht fundamental aufhalten. Aber es ist wieder ein weiterer Schritt, sich der Zukunft proaktiv zu stellen. Und eines steht fest: Die Zukunft kann nicht überbewertet werden.

 

 

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Dr. phil. Markus Reimer ist Keynote-Speaker und Lead Auditor für Managementsysteme.