Der Personenmenschmitarbeiter – Grundsätze des Qualitätsmanagements

Werden die Grundsätze des Qualitätsmanagements nicht verstanden, hat man am Ende eine Art Gebrauchsanweisung oder Bedienungsanleitung ohne zu wissen wofür. Und das kann nur Quatsch sein.

 

Brotloses Qualitätsmanagement

Also, es ist zum Aufregen. Es bringt mich immer wieder auf die Palme. Und dabei gibt es hier noch nicht mal Palmen. Zumindest nicht einheimisch. Was mich in Rage bringt ist die Tatsache, dass ich mir immer wieder Sätze anhören muss wie „Bringen Sie am besten in Ihrem Vortrag nichts über Qualitätsmanagement und Zertifizierung – das ist bei uns verbrannte Erde. Das höre ich nicht erst seit gestern, sondern schon seit Jahren – und es ist bis heute nicht besser geworden. Das ist das Schlimme!

Es gibt viele Hintergründe für diesen unsäglichen Missstand in allen möglichen Branchen. Einer davon dürfte sein, dass das Potenzial, aber auch die Anforderungen an Mitarbeitende einer Organisation nach wie vor nicht verstanden worden sind und noch immer nicht verstanden werden. Das macht die Sache so problematisch.

In vielen Organisationen ist nach wie vor die Meinung vertreten, dass ein Qualitätsmanagementsystem vor allem dann gut ist, wenn alles – und zwar wirklich alles – genau beschrieben ist. Und wenn dann ein neuer Mitarbeiter in die Organisation eintritt, dann kann dieser anhand des Beschriebenen alles genau nachlesen. Dann weiß er genau, was er zu tun hat. Und das ist QM. Das ist der Nutzen des eigenen QM-Systems. Darauf sage ich von meiner Palme herunter: Das ist brotlos und vor allem Quatsch!

Lassen Sie uns deswegen weg von Zertifizierungen und weg von einem wie auch immer gearteten System gehen und uns hinwenden zu den Basics – oder zu Deutsch: zu den Grundsätzen. Denn die gibt es ja wirklich! Auch wenn das sicherlich nicht allen „Betroffenen“ bekannt ist.

 

Die Grundsätze des Qualitätsmanagements

Diese Grundsätze des Qualitätsmanagements sind niedergeschrieben und weltweit veröffentlicht in dem Werk ISO 9000:2015 im Kapitel 2.3. Dort ist verfasst, was es zu verstehen gilt, um überhaupt auf den grünen Zweig eines sinnvollen Qualitätsmanagements kommen zu können. Werden die Grundsätze nicht verstanden, hat man am Ende eine Art Gebrauchsanweisung oder Bedienungsanleitung – ohne zu wissen wofür. Und das kann nur Quatsch sein. Doch genau diesen Quatsch betreiben viele Organisationen.

Die Grundsätze des Qualitätsmanagements umfassen sieben Handlungsfelder. Von diesen sollen hier sechs an- und eines etwas ausführlicher besprochen werden.

Als erster Grundsatz steht unumstößlich fest die „Kundenorientierung“. Warum diese als Nummer eins zu sehen ist, ist nicht weiter diskussionswürdig. Der Kunde ist der einzige, der in die Organisation Geld bringt und dieses nicht mehr haben will – sofern natürlich die Leistung stimmt.

Der zweite Grundsatz beschäftigt sich mit der „Führung“. Sie bestimmt in der Organisation, wohin der Weg führen soll, welche Ziele erreicht werden sollen. Und sie ist dafür verantwortlich, dass dafür auch die Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Im vierten Grundsatz geht es um den „Prozessorientierten Ansatz“, welcher die Organisation als einen Komplex zusammenhängender Tätigkeiten versteht und auch verstanden wissen will.

Es darf niemals zu Ende sein. Es gibt immer die Möglichkeit noch besser zu werden. Darum ist „Verbesserung“ der fünfte Grundsatz. Verbesserung nicht als Zufall oder Beiwerk, sondern als stetige Anforderung. Als Grundsatz eben.

Mittlerweile ist es schwierig geworden, Fakten von Fake zu unterscheiden; vor allem seit der Begriff der alternativen Fakten eingeführt worden ist. Sei´s drum. Der sechste Grundsatz lautet „Faktengestützte Entscheidungsfindung“. Auch wenn damit nicht jede Unsicherheit ausgeschlossen werden kann.

Der siebte Grundsatz des Qualitätsmanagements ist ein bewusstes „Beziehungsmanagement“. Beziehungen aufzubauen und zu pflegen mit den relevanten interessierten Parteien ist unersetzlich.

 

Der dritte Grundsatz: Der Personenmenschmitarbeiter

Der oben fehlende und hier etwas hervorzuhebende Grundsatz lautet: „Engagement von Personen“. Und die Erläuterung dazu ist:

„Kompetente, befugte und engagierte Personen auf allen Ebenen in der gesamten Organisation sind wesentlich, um die Fähigkeit der Organisation zu verbessern, Werte zu schaffen und zu erbringen.“

Das ist nicht neu. Und trotzdem erlebt man es in vielen Organisationen nach wie vor, dass genau dieser Grundsatz nicht nur missachtet, sondern aktiv verhindert wird. Dieses Problem hängt an mehreren Fäden, die sich dann so ineinander verheddern, dass es nur noch ein unentwirrbares und damit nicht aufzulösendes Problem ist und bleibt.

Zum einen sehen nach wie vor viele Führungskräfte die Speerspitze der Kompetenz bei sich selbst. Insofern würde die Verlagerung von Kompetenzen und Befugnissen „nach unten“ einem theoretischen und noch mehr einem praktischen Machtverlust gleichkommen. Dass genau das Quatsch ist, steht außer Frage.

Zum anderen besteht aber auch das Problem, dass auch horizontal Kompetenzen und Befugnisse siloesk verteidigt werden. Oder im anderen Fall abgelehnt werden – weil eben keine Befugnisse und damit auch keine Zuständigkeiten.

Und ein dritter Punkt, den es anzusprechen gilt ist, dass oftmals Mitarbeitende keinen Anlass sehen, sich über ihre Stellenbeschreibung hinaus, die natürlich „fest im QM-System verankert ist“, zu engagieren. „Dafür werde ich nicht bezahlt!“

 

Der Personenmenschmitarbeiter

Diese drei Punkte gilt es gleichzeitig zu bearbeiten, um das Engagement der Personen zu fördern. Das funktioniert aber dann nicht, wenn Führungen davon überzeugt sind, dass die Personen, also die Menschen, die sich als Mitarbeitende in der und die Organisation einbringen, sowieso nicht in der Lage sind, über ihren Tellerrand hinauszuschauen. Und dabei gibt es genau dazu massenweise Beispiele, wie Mitarbeitende der operativen Ebene Unternehmen und Organisationen nach vorne bringen. Wie sagt der Polizist Hank Schrader aus der Serie „Breaking Bad“ so schön, als er in einer Videoaufnahme zwei Crystal Meth-Hersteller beobachtet: „Die haben das Wissen aus Büchern, aber sie verfügen nicht über das Wissen der Straße!“

Deswegen gilt es eben alle Personen in einer Organisation, die allesamt Menschen mit eigenen Gehirnen, eigenen Perspektiven und Erfahrungen sind, wahrzunehmen, deren Möglichkeiten zu erkennen, zu fördern, Befugnisse und Kompetenzen zu verteilen. Mit anderen Worten: Mit den Mitarbeitenden als Menschen ein Bewusstsein für den Zweck und die Ziele der Organisation zu schaffen.

Dass genau dabei parallel auch ein neues Bewusstsein für die Möglichkeiten eines funktionierenden Qualitätsmanagementsystems entstehen würde, macht die Sache noch zusätzlich attraktiv. Deswegen ist das Lesen und Verstehen der sieben Grundsätze des Qualitätsmanagements eine zwingende Vorarbeit für dieses Bewusstsein. Dieses entsteht nämlich sicher nicht, in dem man „alles aufschreibt“, was dann neue Personen als Menschen lesen können, um funktionierende, sich an Stellenbeschreibungen haltende Mitarbeiter werden zu können. Das muss anders werden. Dann könnte ich auch langsam wieder von der Palme klettern.

 

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Dr. phil. Markus Reimer ist Keynote-Speaker und Lead Auditor für Managementsysteme.