Platon und die Idee der Digitalisierung

Platon und seine Idee hilft uns nicht zuletzt zu hupen. Aber es ist schwierig im Internet zu hupen. Auch wenn Vieles im Netz das intellektuelle Niveau einer Hupe bei weitem nicht erreicht.

 

Unsere Welt verdoppelt sich

Derzeit bin ich immer wieder in ein aktuelles Buch vertieft: „Muster – Theorie der digitalen Gesellschaft“; es ist verfasst von Armin Nassehi. Ein so kluges, wie durchaus auch anstrengend zu lesendes Buch. Es ist ein wichtiges Buch, denn es geht der Frage nach, warum die Digitalisierung in unserer Gesellschaft eigentlich so erfolgreich ist. Mit anderen Worten: Wobei hilft uns die Digitalisierung? Welches wohl schon immer vorhandene Problem löst es? Gäbe es dieses Problem, diesen irgendwo verankerten Wunsch, dieses Bedürfnis nicht, dann könnte das, was sich rings um uns herum digital abspielt, nie und nimmer so erfolgreich sein.

Armin Nassehi bringt dabei am Rande den Gedanken der „Verdoppelung“ der Welt ins Spiel.  Mit anderen Worten: Unsere analoge Welt wird schon seit Langem in eine weitere digitale übersetzt. „Übersetzt“ deswegen, weil ja neben der digitalen Welt die analoge weiterhin bestehen bleibt.

An dieser Stelle kann uns dann doch tatsächlich Platon weiterhelfen. Dieser lebte zwar bereits vor ungefähr 2400 Jahren und hatte deswegen noch nicht so umfangreich mit Digitalisierung zu tun. Aber er brachte die Ideenlehre in diese unsere Welt, die für uns als Menschen, aber auch als Organisationen von größtem Interesse ist.

 

Platon hat eine Idee

Platon hatte eine Idee und erkannte, dass wir alle eine Idee haben. Sie, ich und alle anderen auch. Dabei geht es jetzt nicht um den Heureka-Moment, dessen Ergebnis dann in ein systematisches Ideenmanagement eingespeist wird. Platons Idee ist nicht einspeisbar. Sie ist ein nicht fassbarer Gedanke, der aber gerade heute mehr denn je wichtig erscheint. Um was geht es also?

Platon erkannte, dass es die Dinge an sich gab. Zum Beispiel eine Tube Senf, eine Hupe oder einen Tonträger mit Xavier Naidoo-Geräuschen. Das alles existiert, auch wenn man nicht zweifelsfrei klären kann, warum und wozu.

Dann gibt es Abbildungen dieser Dinge. Die Tube Senf ist einem Werbeprospekt abgebildet, sie ist in einem Spiegel zu sehen, sie ist in einem Stilleben porträtiert. Oder die Hupe wirft einen Schatten. All das sind Abbildungen der Dinge, die tatsächlich sind. Sie sind somit auch real, wenn auch nicht original.

Und dann gibt es noch die Idee hinter den Dingen: Was genau ist eigentlich eine Hupe? Wir haben im Auto eine Hupe. Wir haben auf Schiffen enorme Hupen. Wir nehmen an Dosen befestigte Trichter als Hupen mit in die Sportarenen. Wir könnten auch eine Zeitung zu einem Trichter rollen und „Tröööt“ hineinbrüllen – und schon wieder hätten wir eine Hupe. Apropos Tröööt: Könnte auch Benjamin Blümchen eine Art Hupe haben?

Möglich ist Vieles. Alles Mögliche könnte eine Hupe sein. Und das alles ist dann die Idee von einer Hupe. Und gerade von der Beschäftigung mit der Idee einer Hupe könnten Organisationen erheblich profitieren.

 

Platon und das Abbild

Es gibt das Kaufhaus in einem Gebäude, durch dessen Tür wir gehen und in dem wir dann auch einkaufen können. Das hat sich traditionell bewährt. Nicht nur am unsäglichen Black Friday.

Und es gibt auch das digitale Kaufhaus. Das können wir von zuhause aus, auf dem Sofa sitzend, entern. Wir müssen noch nicht einmal aufstehen; sofern wir das Tablet griffbereit haben. Die gleiche Ware.

Es gibt die Konferenz, in der sich traditionell alle persönlich gegenübersitzen. Das hat sich bewährt. Und es gibt die Konferenz, in der sich auch alle gegenübersitzen, aber Tausende von Kilometer voneinander entfernt.

Wir führen unser normales Leben und führen dann noch ein weiteres Leben auf den Social Media Plattformen. Dass dabei das digitale Social-Media-Profil der analogen Realität vorauseilt oder diesem gar komplett entschwindet: Wen interessierts? Der Schein hat das Sein schon lange überflügelt. Aber so einfach wie heute war es eben auch noch nie, diesen Schein herzustellen. Wenn man früher den Nachbarn, aus welchen Gründen auch immer, einen Urlaub vortäuschen wollte oder musste, dann waren die Rolladen unten, Garagentore und Haustüren verschlossen und man bewegte sich zehn Tage lang nicht aus der Wohnung. Weil man ja im Urlaub war. Und nachher musste man mühsam erzählen, wie toll es doch in Sri Lanka war – was man eben so in billigen Reiseführern gelesen hatte.

Die digitale Parallelwelt, der digital Twin hat längst in unser Leben Einzug gefunden – mit praktischen Konsequenzen für unsere reale Welt. Welt und Abbild verschwimmen ineinander. Das, was wir im Digitalen erleben, wollen wir eigentlich auch im Analogen und umgekehrt. Auch in dem Wissen, dass das so nicht möglich ist.

 

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Platon´s Purpose-Precondition

Es wird heute sehr viel davon gesprochen, dass Organisationen Purpose brauchen. Ohne Purpose kein Erfolg und keine Zukunft. Das trifft im Großen und Ganzen auch sicher zu.

Die Idee des Platon verstanden zu haben, hilft in diesem Kontext erheblich weiter. Denn wenn wir nicht nur wissen, wie wir eine traditionelle Hupe bauen können, sondern viel mehr, um was es bei der Hupe eigentlich geht, dann ist eine völlig andere Herangehensweise möglich. Mit anderen Worten: Wir müssen die Idee der Hupe finden.

Es geht um einen sehr lauten Ton, der bewusst eingesetzt werden kann. Weil man jemanden warnen möchte. Oder weil man sich gerade freut und die Welt daran teilhaben lassen will – ob die das nun will oder nicht. Man hupt, um einfach so auf sich aufmerksam zu machen.

Ließe sie sich das auch anders bewerkstelligen? Durch eine Hupe aus Licht vielleicht? Die es ja auch gibt. Die Grundmotivation des Hupens ist das Erreichen von Aufmerksamkeit.  Das alles mag bei der Hupe und dem Hupen nicht ganz so komplex erscheinen – und ist es auch nicht.

 

Platon und Purpose

Jede Organisation sollte sich also Gedanken darüber machen, was genau die Idee hinter dem eigenen Produkt, der Dienstleistung oder einfach auch nur hinter der Tätigkeit ist. Um was es eigentlich geht. Richtig an dieses Grundsätzliche heranzugehen: Hier hilft uns die Idee des Platon, den vielzitierten Purpose zu finden. Diese Idee eröffnet uns die notwendigen Grundgedanken für die Konstruktion des Abbildes unserer analogen Organisation im Digitalen.

Es ist schwierig im Internet zu hupen. Auch wenn Vieles im Netz das intellektuelle Niveau einer Hupe bei Weitem nicht erreicht. Die Notwendigkeit in der digitalen Welt Aufmerksamkeit zu erreichen, wird nicht dadurch obsolet, dass es nicht möglich ist dort eben klassisch zu hupen. Also brauchen wir andere Möglichkeiten, um diese Aufmerksamkeit zu erreichen.

Sollten wir keine Idee dazu finden, was wir da eigentlich machen – und haben trotzdem Erfolg: Dann ist das großartig, aber Zufall. Und auf Zufall sollten wir uns nicht grundsätzlich verlassen.

 

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Dr. phil. Markus Reimer ist Keynote-Speaker und Lead Auditor für Managementsysteme.