Schein. Sein. Snowden und Salate

Edward Snowden: Kann ein Mitarbeiter ein Held sein, der seinem Arbeitgeber gegenüber in dieser Form illoyal auftritt? Vielleicht ja, vielleicht nein. 

 

Snowden – der Salat-Küchenmeister

Da haben wir ihn nun: den Salat. Und eigentlich wissen wir gar nicht, welche Art von Salat da vor uns steht. Obwohl er uns schon seit Wochen präsentiert wird. Die Zutaten kennen wir! Ein junger NSA-Mitarbeiter (jetzt nicht mehr). Ein schlechtes Gewissen (vielleicht jetzt auch nicht mehr). Eine öffentliche Plauderei über eine riesige Ausspäh-Aktion der NSA. Ein bisschen USA, Russland und die eine oder andere Prise Südamerika. Fertig ist der Salat. Ein grüner? Ein gemischter? Oder ein Obstsalat mit vor allem faulem Obst? Wir wissen es noch nicht so genau.

 

Snowden. Edward Snowden. Held.

In der breiten Öffentlichkeit ist der junge Mann namens Edward Snowden ein Held. Heldentum … Bereits an dieser Stelle merkt man schon, dass hier viel umgerührt wurde. Denn: Kann ein Mann ein Held sein, der nicht in einer Salatbar, sondern bei einem der größten Geheimdienste dieser Erde anheuert und dann überrascht ist, dass dort mit, sagen wir mal, mit geheimen Mitteln gearbeitet wird? Kann also ein Mann ein Held sein, der seinem Arbeitgeber gegenüber in dieser Form illoyal auftritt? Grundsätzlich: Nein, das kann eigentlich nicht sein.

Jedoch: Es ist ein unglaublicher Missstand, der nun durch ihn in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird – insofern ist er doch wieder ein Held. Ein Held und gleichzeitig Nicht-Held. Ein Paradoxon.

 

Die Scheinempörung

Aber damit ist der Salat noch lange nicht gegessen! Ob dieses Skandals sind nun alle empört. Und auch hier gilt es wieder zu differenzieren. Diejenigen, die sich noch nie großartig über die Arbeit eines Geheimdienstes außerhalb eines James-Bond-Filmes Gedanken gemacht haben, sind sicher empört. Diejenigen aber, die sich zum Beispiel im Rahmen der großen Politik sehr wohl über die Arbeit von Geheimdiensten Gedanken machen mussten und müssen, müssen nun empört sein, obwohl sie es eigentlich nicht sein können. Aber sie müssen empört scheinen.

Natürlich weiß niemand, wer nun wirklich empört ist und wer nur empört scheinen will, weil er muss, um in der gemeinsam empörten Öffentlichkeit nicht als Mitwisser verurteilt werden zu können. Die Grenzen verschwinden. So muss der deutsche  Innenminister in die USA reisen, um seiner Empörung direkt vor Ort Ausdruck zu verleihen. Und die empörten politischen Gegner kennen schon beim Abflug des Ministers das Ergebnis. Somit können diese geplant auf der Empörungsskala eine weitere Stufe nach oben klettern, bevor der Minister bei seiner Rückkehr sein „Ergebnis“ mitteilt. Empörte, Scheinempörte, Planempörte … geradezu ein Empörungssalat, der da medial uns aufgetischt wird.

 

Edward hinter schweren Wänden

Der Rezepteschreiber zu diesem Durcheinander, Edward Snowden, scheint nun am Flughafen Moskau überrascht zu sein, dass sein (wohl eher ehemaliges) Heimatland nicht gut zu sprechen ist auf ihn. Und obwohl er vielerorts als Held gesehen wird, so will ihn doch niemand so richtig bei sich haben. Für Deutschland hat sich hier die Bürokratie einmal als Segen erwiesen: Aufgrund formaler Voraussetzungen kann Herr Snowden den Salat der Krauts nicht vor Ort genießen.

Ein Held, den niemand haben will. Er ist wohl der tragische Held der Gegenwart par excellence. Und er hat nur die beiden Optionen „Auf der Flucht“ oder „Edward hinter schweren Wänden“. Beide Optionen sind gegenwärtig für einen 28jährigen Menschen keine schöne Aussicht. Da haben es die sich gegenwärtig in alle Richtungen Empörenden eindeutig besser. Und das Schlimme: Gegenwärtig ist der Salat noch lange nicht gegessen! In diesem Sinne: Guten Appetit!

 

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