Der Wert des kleinen grünen Kaktus

Haben Sie schon mal von jemanden einen grünen, einen kleinen grünen Kaktus erhalten? Wenn ja: Haben Sie sich sehr darüber gefreut? Haben Sie über den Wert eines solchen nachgedacht Ja? Und was hat das mit dem Thema Innovation zu tun?

 

Der Kaktus und sein Wert

Am 30. November 2014 durfte ich zwei junge Männer erleben, die jeweils einen Kaktus erhalten haben. Es wäre nicht richtig zu sagen, dass sie ihn geschenkt bekommen hätten. Sie mussten sich ihn verdienen. Den Kaktus. Es waren kleine Kakteen. Aber die Männer haben sich darüber, also über die beiden kleinen grünen Kakteen enorm gefreut. Das konnte man spüren. Und dass sie sich darüber so gefreut haben liegt vielleicht nicht unbedingt daran, dass der Kaktus etwa ein sehr hochpreisiger, ein sehr seltener, gar eine botanische Sensation gewesen wäre. Ganz im Gegenteil. Als Unkundiger gehe ich davon aus:
Die beiden Kakteen hatten grob überschlagen zusammen  den Wert von zwei Tassen Kaffee, getrunken  in einem Cafe in München. Aber die beiden Männer freuten sich riesig. Über zwei Kakteen, deren Wert sehr überschaubar war.

 

Der Kaktus und sein besonderer Wert

Dass die beiden Männer sich gar so freuten: Vielleicht lag es daran, dass einige hundert Menschen dabei zusehen wollten, wie ihnen jeweils dieses grundsätzlich unspektakuläre Stachelgewächs überreicht wurde. Und das unter großem, ja, man möchte fast sagen frenetischem Applaus dieser Zuschauer. Vielleicht lag es zusätzlich auch daran, dass es nicht unendlich viele dieser Kakteen zu überreichen gab. Es gab eben nur zwei. Nur um diese beiden ging es.

Vielleicht lag es auch daran, dass die Kakteen nicht von irgendjemandem überreicht wurden, sondern von den beiden Spitzenkabarettisten Christian Springer und Helmut Schleich. Und das alles passierte auch nicht wahllos und zufällig; vielmehr wurde aus vielen Bewerbern durch eine Jury aus Vertretern von Süddeutscher Zeitung, Bayerischem Rundfunk, Lach- und Schießgesellschaft ausgewählt, wer nun den Kabarett-Kaktus, Münchens ältesten Kabarettpreis, erhält.

Und sich in die Reihe der Kaktusgewinner einreihen zu dürfen ist schon etwas sehr Besonderes: Django Asül, Claus von Wagner, Vince Ebert, Marc-Uwe Kling, Tobias Mann, Maxi Schaffroth, Michael Hatzius und seine Echse oder Timo Wopp. Sie alle sind Preisträger und haben bereits einen Kaktus erhalten. Das ist der Wert des Kaktus.

 

Der Kaktus als Wert an sich

An sich ist er einfach nur eine Pflanze. Mehr nicht. Das die Pflanze Umgebende aber macht den Stellenwert dieser aus. Der Wert liegt, wie bei so vielen Preisen und Ehrungen, weder in der monetären Bewertung, noch in der Tatsache an sich. Der Wert wird durch die Rahmenbedingungen generiert.

Und jetzt wieder die Frage: Was hat das mit Innovation oder auch mit Unternehmenskultur zu tun? Das ist nicht schwierig zu erkennen: Sehr viel! Denn wie oft führen der Begriff „Innovation“ oder eben auch „Unternehmenskultur“ in Unternehmensvisionen, -leitbildern, -strategien ein eher stiefmütterliches, oder sagen wir passender Weise: ein stacheliges Leben? Er steht zwar da, aber kaum oder gar gänzlich unbeachtet: Der Begriff und der Kaktus.

Erst dann, wenn ihm genügend Wert zugemessen wird, dem Kaktus oder dem Begriff „Innovation“, erst dann wird er lebendig, nimmt Raum ein, wird wertvoll, wird gehegt und gepflegt und wird letztlich begehrt. Kennen Sie Unternehmen und Organisationen, in denen der All-Überall-Begriff „Innovation“ eben überall zu finden ist? In Leitbildern, in Broschüren, bei Festansprachen? Aber in denen er trotzdem nur gehegt und gepflegt wird wie ein vergessener Kaktus auf Omas Fensterbrett? Er steht da: Der Kaktus und der Begriff. Aber das ließe sich ändern. Das ließe sich sogar recht einfach ändern.

 

Der Wert des Unternehmens-Kaktus

Wenn Sie Unternehmer oder Führungskraft sind: Vielleicht überreichen Sie sich selbst einmal einen Kaktus, der Sie immer (wieder) an Ihre Innovationsbereitschaft erinnert? Einen Inno-Kaktus! Und einen Kaktus für Menschen, die sich besonders engagiert und innovativ in Ihr Unternehmen einbringen?  Einen  für die beste Idee eines Kunden? Und einen für innovative Lieferanten? Und einen für … für … für …

Und das nicht einfach willkürlich, sondern geplant, systematisch, regelmäßig, so dass der Stellen-Wert immer mehr wächst. Nach einer Weile wird die Frage obligatorisch sein: Wer hat eigentlich im letzten Jahr den Inno-Kaktus erhalten. Und für was? Wer wird ihn in diesem Jahr erhalten? Wenn diese Fragen gestellt werden, dann wissen Sie, dass Sie etwas von Wert geschaffen haben.

Es sei denn, Sie haben mit Innovation nichts zu tun. Und nur zur Sicherheit: Es müssen nicht immer Kakteen sein …