Jenseits der Waffel – Kreativität ohne Grenzen

„Das ist vielleicht das Problem mit Kreativität und Innovation. Es gibt in der Tat Menschen, die kreativer denken und wirken können als andere Menschen. Aber die Kreativität kann eben mehrere Richtungen nehmen. Und einige Richtungen davon sind eben jenseits jeder Waffel.“

 

Die dreckige Jeans: Kreativität ist grenzenlos

Männer haben das Handwerkliche ganz einfach im Blut. Es ist ihr Ding zu hämmern, zu sägen, zu schaufeln und vorher im Baumarkt dafür alles zu besorgen. Das läuft. Ganz einfach so. In diesem sicherlich nicht ganz klischeefreien Sinne betrachte ich mich dann selbstkritisch. Und stelle dann unumwunden fest, dass noch nicht einmal das Baumarktkriterium bei mir auch nicht ansatzweise zutrifft. Baumärkte sind mir suspekt. Das, was man mit den dort verfügbaren Waren nach
Erwerb voll- oder aufführen kann, ist mir noch viel mehr suspekt. Da ich aus einer Handwerkerfamilie stamme, war auch ich immer allen suspekt. Aber was heißt da „war“ …

Jetzt habe ich jedoch eine Lösung gefunden, die so unglaublich einfach genial ist, dass man selbst mit viel Kreativität kaum darauf kommen kann. Es gibt jetzt, zugegeben für richtig viel Geld, eine Jeans zu kaufen, die von oben bis unten, nennen wir es so wie es ist: eingesaut ist. Sie ist schmutzig, ja, man muss eher sagen: Sie ist dreckig. Richtig dreckig. Und das Beste daran ist: Dieser Dreck lässt sich – und das ist wirklich der Clou – nicht auswaschen. Die Jeans ist permanent unentwegt und immer dreckig. Aber natürlich ist das nur ein dirty style. Die Hände, das Hemd, das Handy – alles bleibt schön sauber. Aber ich kann mit einer derartigen Jeans bei all meinen kritischen Betrachtern, zum Beispiel bei meiner Familie, den Eindruck erwecken, dass ich großartig Handwerkliches vollbracht hätte: Im Garten ein Loch gegraben, beim Auto einen Ölwechsel durchgeführt oder am Amazonas einen Staudamm gebaut. Das ist schlichtweg großartig. Selbst ein Waschgang kann das Zeugnis meiner vermeintlichen Großtaten nicht wegwischen. Eine Fake-Jeans als Lösung. Das ist mal eine wahre Innovation. Kreativität kennt eben wirklich keine Grenzen. Apropos keine Grenzen.

 

Jenseits der Waffel 1: Der Put-Bomber

Da hat also ein 28jähriger versucht, den Bus von Borussia Dortmund samt Mannschaft in die Luft zu jagen, um damit ein Millionengeschäft zu machen. Da ist man schnell versucht zu behaupten, dass da jemand einen mächtig an der Waffel zu haben scheint. Das kann man sicher auch genau so stehen lassen.

Der Verrückte versteckte Sprengsätze an der Route des Mannschaftsbusses, um den Verein, oder besser gesagt, um den Kurs der Borussia-AG in die Knie zu zwingen. Wäre ihm dieser beabsichtigte Kursverfall durch seinen Anschlag gelungen, dann hätte er wahrscheinlich Millionengewinne einfahren können. So etwas gelingt durch Put-Optionsscheine: je tiefer der Aktienkurs eingebrochen wäre, desto höher wäre der Gewinn des Spinners gewesen.

Betrachten wir diesen Vorgang etwas distanzierter, dann werden wir aber auch feststellen müssen, dass hier einige Verrücktheiten zusammenkommen. Wenn der Wert von Unternehmen sinkt, dann ist das grundsätzlich nichts Gutes, denn eigentlich dürfte es da – die Mitbewerber einmal ausgenommen – nur Verlierer geben. Nicht so an der Börse. Hier kann man eben mit Kursverlusten richtig schlechtes Geld verdienen: mit Hilfe von Put-Optionsscheinen. Die Frage stellt sich, auch wenn behauptet wird, dass Geschäfte mit diesen Scheinen nicht sehr verbreitet sind, wozu diese Option überhaupt entwickelt und angeboten wird? Warum muss jemand an sinkenden Kursen verdienen? Natürlich ist der Bombenanschlag in höchstem Maße verwerflich – letztendlich weiß man aber auch, dass dieses Geschäft auch ohne Bomben funktioniert und auch täglich praktiziert wird. Die kapitalistische Kreativität ist immer wieder faszinierend grenzenlos. Der Bombenleger musste zu dieser Kreativität nur noch seine ihm ganz eigene kriminelle Energie beisteuern – und fertig ist ein Cocktail, wie er irrer kaum mehr sein könnte. „An der Waffel“ ist hier völlig untertrieben. Wir befinden uns jenseits von ihr.

 

Jenseits der Waffel 2: Der verrückte Offizier

Und um in Bezug auf die Waffel noch ein wenig aktueller zu werden: Ein Bundeswehr-Offizier lässt sich als syrischer Obstverkäufer in einer Erstaufnahmeeinrichtung als Flüchtling aufnehmen, um dann mit zwei Identitäten weiterzuleben. Die wohl dahinterstehende Absicht: Einen Anschlag zu verüben, um diesen dann „dem Flüchtling“ als Solches in die Schuhe schieben zu können. Was soll man dazu noch sagen? Jeder Drehbuchautor für einen Krimi mit diesem Inhalt würde abgekanzelt werden für diese unglaubliche Realitätsferne. Aber immer wieder überholt die Realität die Irrealität auf nicht vermuteten und kaum denkbaren Pfaden. Spätestens dann haben wir jede Waffel hinter uns gelassen und befinden uns im Irrenhaus der Kreativität.

So stellt sich immer wieder die Frage: Wie können Menschen derartig abartige Ideen generieren? Und das ist vielleicht das Problem mit Kreativität und Innovation. Es gibt in der Tat Menschen, die kreativer denken und wirken können als andere Menschen. Aber die Kreativität kann eben mehrere Richtungen nehmen. Und einige Richtungen davon sind eben jenseits aller Waffeln.

In diesem Zusammenhang freue ich mich dann über die permanent dreckige Jeans. Auch sie ist völlig irrational – aber glücklicherweise weit diesseits der Waffel.