Das Netzwerk – Drei Innovations-Wozus

Das Netzwerk im eigenen Umfeld hat einen wesentlichen Nachteil: Es ist das eigene Umfeld. Dass das eigene Umfeld ein Umfeld hat, wird oft nicht berücksichtigt – oder zumindest vernachlässigt.

 

Das Netzwerk – eine alte Idee

Dort, wo ich aufgewachsen bin, half man sich. Als Beispiel: Hatte jemand ein Dach zu decken, dann war es eine Selbstverständlichkeit, dass das gesamte Dorf bei dem noch offenen Haus sich getroffen hat. Mit vereinten Kräften, in diesem Fall mit einer entsprechenden Menschenkette wurden die Dachziegel von der Palette über die Wiese über die Leiter nach oben auf den Dachstuhl verbracht – bis das Dach geschlossen war. Als Abschluss gab es eine ausgiebige Brotzeit. Und wenn jemand anderer aus dem Dorf Hilfe brauchte, dann war man gemeinsam zur Stelle. So war das im Bayerischen Wald. Ein funktionierendes Netzwerk. Eine Selbstverständlichkeit.

Heute wird sehr viel von Netzwerken und vom Netzwerken gesprochen. Mit Recht. Es ist ein altes Prinzip, welches sich über Jahrhunderte bewährt hat. Heute wird allerdings so davon gesprochen, als wäre das der neue heiße Sch … . Wie auch immer: Das Netzwerk ist vor allem für Unternehmen und Organisationen wichtig, wenn es um Wissen und Innovation geht.

 

Das Netzwerk nach innen

Jedes Unternehmen, jede Organisation hat Mitglieder. Keine Mitglieder – und sei es nur der Selbstständige alleine -, dann auch keine Organisation. Also ist es auch nur selbstverständlich, dass die Organisation vor allem dadurch lebt, dass ihre Mitglieder „leben“. Mit „leben“ ist auch wirklich das gemeint, was in dem Begriff steht. Dort steht nicht vegetieren, ausführen, sondern eben leben. Organisationen, die langfristig erfolgreich sein wollen, müssen lebende, also lebendige Mitarbeitende haben. Sie versuchen das Beste für sich, für die Organisation, für die Kunden – für das Netzwerk zu machen. Dafür tauschen sie sich aus, bringen ihr Wissen ein, sind interessiert an allem, was mit der Organisation zu tun hat, generieren neues Wissen, schaffen gemeinsam neue Möglichkeiten, Impulse, Ideen. Und sie müssen auch nicht permanent fragen: Kann ich das? Darf ich das? Es wird allen das zugetraut, was notwendig ist. So entsteht das Fundament für Innovation.

Das ist nicht als einzelner Mitarbeitender möglich; es ist nur gemeinsam in einem gemeinsamen Rahmen für ein gemeinsames Ziel zu schaffen. Mit einem Netzwerk nach innen. Nebeneinander stehende Silos, und seien sie noch so nah beieinander, sind und bleiben Silos. Netzwerke reißen Silo-Wände ein. Aufgabe von Führung ist es, genau dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen: Dass am Ende alle kommen und das Dach dicht machen, weil alle wissen, dass es um ein Geben und Nehmen geht, das nicht erst am Ende alle ans Ziel bringt.

Doch das Netzwerk nach innen reicht nicht mehr. Die Dächer werden größer.

 

Das Netzwerk unter Gleichen

Wird das zu deckende Dach größer und komplizierter, dann reicht das dörfliche Netzwerk vielleicht nicht mehr aus. Da ist es besser, seinen Blick in die Nachbardörfer zu werfen. Genau das passiert in der Unternehmenslandschaft in jüngerer Vergangenheit immer mehr. Ein Beispiel hierfür ist derzeit in der Automobilbranche zu erleben. Ein dort zu deckendes Dach heißt „autonomes Fahren“. Natürlich könnte nun jeder sein eigenes Dach decken; aber sinnvoller wäre es, ein großes gemeinsames Dach gemeinsam mit vereinten Kräften zu decken. Genau das machen jetzt die beiden Konkurrenten Daimler und BMW: Sie kooperieren.

 1.200 Fachleute wollen sich dieser Herausforderung gemeinsam stellen. Sie bringen ihr Wissen, ihre Erfahrungen und Expertisen und ihre Technologie nebst Infrastruktur mit ein. Hier entstehen eine völlig andere Schlagkraft und Energie; zunächst in der Theorie und ziemlich sicher auch in der Praxis. Bis zum Jahr 2024, so das klar formulierte Ziel, sollen das automatisierte Fahren auf Autobahnen und automatisierte Parkfunktionen für Privatpersonen verfügbar sein. Und das alles mit dem Anspruch, dass die Systeme möglichst autonom agieren und nur in seltenen Fällen den Fahrer auffordern, die Führung zu übernehmen. So steht das unter t3n.de. Das ist eine Herausforderung.

Jedes Unternehmen sollte sich daher darüber Gedanken machen, inwieweit die Herausforderungen der Zukunft besser bewältigt werden könnten, wenn das Netzwerk über die eigenen Unternehmensgrenzen hinweg ausgebaut wird. Dabei muss der Netzwerk-Fokus nicht nur auf Innovation und Entwicklung ausgerichtet sein. Es könnten Prozesse in einem Netzwerk ganz anders gestaltet werden. Ganz andere Auftragsdimensionen könnten bewältigt werden. Es könnten Effizienzsteigerungen geschaffen werden. Neue Geschäftsmodelle könnten entwickelt werden. Es gibt viele Herausforderungen und Möglichkeiten neben dem Anspruch der Innovation. Ein Dach zu decken ist auch nicht innovativ, aber nicht weniger wichtig.

 

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Das grenzenlose Netzwerk

Der Blick ins eigene Umfeld hat einen wesentlichen Nachteil: Es ist das eigene Umfeld. Dass das eigene Umfeld ein Umfeld hat, wird hier nicht berücksichtigt. Insofern ist es immer sinnvoll, das eigene Netzwerk über die eigene Branche hinweg zu öffnen, aufzubauen und zu nutzen. Warum, als Beispiel, sollten Ärzte nicht von Piloten lernen? Eine andere Branche, aber gleiche Herausforderung: Möglichst keinen Fehler machen, denn dann wird´s tödlich.

Es muss nicht immer gleich so schlimm sein. Ein aktuelles Beispiel liefert aber, den Piloten sehr nahe, der Frankfurter Flughafen. Fraport eröffnet ein neues Innovationszentrum, so titelte diese Woche die FAZ. 13 neue, unkonventionell gestaltete und eingerichtete Räumlichkeiten sollten dafür sorgen, dass Mitarbeiter sich in diese zurückziehen und für die Herausforderungen der Zukunft neue Ideen entwickeln. Das ist zunächst – nach meiner Bewertung – immer lustig zu lesen und zu erleben. Unternehmen stellen bei sich irgendwo einen Kicker oder eine Tischtennisplatte auf, füllen irgendeinen Raum mit bunten Kugeln, in die sich dann die Mitarbeitenden setzen können oder bestücken einen Raum mit Stehtischen und Barhockern und variablen Wänden … und leiten dann daraus ab, dass jetzt die Ideen sprudeln müssten.

Tun sie sicher nicht. Denn Infrastruktur ist nur ein Bestandteil. Vielleicht (!!) der unwichtigste. Aber der zumeist am einfachsten umsetzbare. Ein Raum lässt sich schneller und vor allem mit Geld einrichten, als eine entsprechende Unternehmenskultur zu etablieren. Doch das nur am Rande.

 

Das „beste“ Beispiel Fraport

Fraport geht in dieser Hinsicht einen wesentlichen weiteren Schritt: Das Unternehmen kooperiert mit dem Netzwerk „Plattform für Innovation“, dem sich mittlerweile über 50 Unternehmen ganz unterschiedlicher Branchen angeschlossen haben. Und die FAZ zitiert Markus Garn, den Gründer und Geschäftsführenden Vorstand der Plattform:

„Das Konzept ist noch nicht fertig, die Nutzer sollen ihre Wünsche einbringen“, sagte Markus Garn, Ziel des Vereins wie des „OpenXLab“ sei es, branchenübergreifend zusammenzuarbeiten, sich gegenseitig zu inspirieren, Wissen zu teilen, Projekte anzugehen. „Eben das Beste zu nutzen, das jeder hat“, wie es Garn formuliert.

„Das Beste“: Über die eigenen Unternehmens- und Branchengrenzen zu schauen, zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig weiterzuentwickeln, das ist das Netzwerk Level 3. Das lässt sich nicht von heute auf morgen bewerkstelligen. Aber es sollte schnellstmöglich angegangen werden. Denn die Dächer der Gegenwart und Zukunft werden schon lange nicht mehr durch Menschenketten gedeckt.

 

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Dr. phil. Markus Reimer ist Keynote-Speaker und Lead Auditor für Managementsysteme.