Zugeschnappt: Die Freundschaftsfalle

Haben Sie es schon mal erlebt? Sie überholen auf der Autobahn eine Lkw-Kolonne. Vor Ihnen auf der linken Spur vierzehn weitere Überholer. Sie nehmen es hin und fahren hinterher.

Plötzlich erscheinen hinter Ihnen wild aufleuchtende Scheinwerfer – von weitem sichtbar, schnell näherkommend. Umso näher die Scheinwerfer kommen, desto mehr sehen Sie, dass da ein Auto hinten dran hängt und Sie sehen weiter einen Mann (meistens sind es Männer), der wild gestikulierend Ihnen zu verstehen gibt, dass er Sie überholen möchte. Zumeist werden die aufleuchtenden Scheinwerfer und die noch wildere Gestikulation unterstützt durch ganz nahes Auffahren und ganz weit Linksfahren. Sicherlich müssen Sie nicht weiter überlegen, ob der Mann hinter Ihnen nun mehr freundlich oder eher feindlich gesonnen ist. Sie sind freundlich und wollen sich nicht ärgern über ein Lebewesen, in dessen Synapsensystem gerade ein Tornado wütet. Sie fahren deshalb auf die rechte Spur. Das Ungetüm rast an Ihnen vorbei, also geschätzte zehn Meter, um dann hinter vierzehn weiteren Autos auf der linken Spur, nahe der Mittelleitplanke, seinen motorisierten Veitstanz aufzuführen. Alles Feinde! Ringsherum! Vor allem vorne!

Oder vielleicht haben Sie das schon mal erlebt? Sie wollen abbiegen, aber auf der Straße, in die Sie einbiegen möchten, ist stockender Verkehr. Sie könnten sehr schnell einbiegen, aber jede Lücke wird ganz schnell geschlossen, damit Sie genau das nicht tun können. Jeder Blickkontakt wird vermieden. Es geht nur darum, nicht noch ein weiteres Auto vor einem zu haben. Lücke. Lücke zu. Glück gehabt. So kann es schon sein, dass man mal ein Weilchen wartet. Die Frage, ob Ihnen hier nun jemand wohl gesonnen ist … sie erübrigt sich auch hier. Als Einbieger ist man Feind! Sonst nichts!

Und dann gibt es Geschwindigkeitskontrollen, Radarfallen durch die Polizei. Die logische Konsequenz müsste nun doch sein, dass jeder den anderen geradezu in die Falle jagt. Oder zumindest es zulässt, Spaß daran hat. Aber genau das passiert nicht! Nein, es wird gewarnt. Es wird gestikuliert, es wird lichtgehupt, es wird alles Mögliche gemacht, um den Vorher-Noch-Feind vor der Falle zu warnen. Das ist aber nun wirklich paradox. Und es gibt eigentlich nur eine sinnvolle Erklärung. Die Polizei ist wohl nicht nur dein Freund und Helfer, sondern vor allem der gemeinsame Feind. Und dann gilt das berühmte geflügelte Wort: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Darum müssen Radarfallen einfach anders gesehen werden.

Es sind Fallen, die Freundschaften stiften. Und dafür kann man dann schon auch mal bezahlen. Oder?