Skandal in der Semmelstube – schon wieder

„Der semmelkostende Käfer oder die semmelschätzende Schabe sind doch sichtbar; wie also kann es sein, dass niemand diese Tiere oder deren Hinterlassenschaften gesehen hat? Die externen Kontrolleure haben sie doch auch entdeckt. Genau das scheint mir der Skandal an sich zu sein, dass es für dieses Problem wohl wieder kein Bewusstsein gab oder gibt.“

 

Was ist der Skandal?

Vor einigen Jahren erschütterte der Skandal um die Münchner Großbäckerei Müller die semmelessende Welt. Und nun wurde wieder öffentlich, dass in der einen oder anderen Bäckerei der eine oder andere Käfer wohnt oder gewohnt hat. Dass dabei die Semmel und der Bäckerkäfer oder gerne auch die Bäckermaus nicht zusammenpassen, muss nicht weiter ausgeführt werden. Dort wo die Semmel entsteht, hatten oder haben der Käfer oder die Maus oder deren Exkremente nichts zu suchen. Jetzt wurde diese vor längerer Zeit aufgedeckte Koexistenz von Semmel und Schädling veröffentlicht. Wir alle sind natürlich wieder geschockt.

Ist es nun ein Skandal, dass dieses auch von Foodwatch aufgedeckte Problem nicht sofort öffentlich gemacht wurde? Vielleicht ist das ein Skandal, vielleicht aber aufgrund der Rechtslage nun auch wieder nicht. Das kann nicht Thema dieses Blogs sein. Hier geht es vielmehr um Qualität, um Innovation und um Agilität. Und in diesen Themen liegt nach meiner Ansicht der eigentliche Skandal.

Selbstverständlich heißt es nun in den Stellungnahmen der betroffenen Bäckereien, dass diese Probleme in der Vergangenheit lägen. Mittlerweile seien Maßnahmen ergriffen worden, wie zum Beispiel „Schädlingsmonitoring“. Und nun gäbe es auch gar keine Probleme mehr. Nun sei alles bestens. Ach ja? 

 

Was ist der eigentliche Skandal?

Der eigentliche Skandal liegt darin, dass es genau diese Probleme schon einmal gab. So wie es scheint, hat man daraus aber nichts gelernt. Warum nicht? Weil es nicht die eigenen Probleme waren, sondern die eines anderen Unternehmens. Probleme und Fehler schmerzen aber vor allem dann, wenn es die eigenen sind. Und so wurde nicht oder zu wenig agiert, sondern viel mehr, falls überhaupt, reagiert.

Die Frage, die sich weiterhin stellt: Der semmelkostende Käfer oder die semmelschätzende Schabe sind doch sichtbar; wie also kann es sein, dass niemand diese Tiere oder deren Hinterlassenschaften gesehen hat? Die externen Kontrolleure haben sie doch auch gesehen. Genau das scheint mir der Skandal an sich zu sein, dass es für dieses Problem wohl kein Bewusstsein gab oder gibt.

Leicht vorstellbar wäre gewesen, dass aufgrund der damaligen Ereignisse um die Großbäckerei Müller eine viel höhere Sensibilität im eigenen Unternehmen entsteht. Das meint eine Sensibilität über alle Unternehmensebenen hinweg. Einen Skandal dieses Ausmaßes darf es im eigenen Unternehmen keinesfalls geben. Doch dieses Denken scheint ausgeblieben zu sein und das ist nach meiner Ansicht der eigentliche Skandal. Das kann und darf eigentlich nicht sein. Denn wie soll es denn nun weitergehen?

 

Der Skandal um die Semmel und kein Ende

Eigentlich gibt es einen sehr einfachen Weg. Er wurde eben schon angesprochen. Es geht um das Bewusstsein der Unternehmensmitglieder: angefangen vom Top-Management bis in jede einzelne Ebene. Für Unternehmen, die nach der berühmtesten aller Managementnormen, der ISO 9001:2015, zertifiziert sind, ist das sogar eine Pflichtaufgabe. Den Mitarbeitenden müssen die Qualitätspolitik und die Qualitätsziele des Unternehmens klar sein, sie müssen sie verstehen und sie müssen auch um ihren eigenen Beitrag zur Verwirklichung dieser wissen. Was also ist schiefgelaufen und was muss eine Änderung erfahren?

Die oberste Leitung und alle weiteren Führungskräfte müssen sich über ihre Unternehmenspolitik und über ihre Ziele klar sein. Diese müssen anschließend verlässlich und verständlich an alle kommuniziert werden. Viele Unternehmenslenker behaupten, dass dies für sie selbstverständlich sei. Geht man aber auch nur ansatzweise in die Tiefe, dann stellt sich nach meiner Erfahrung sehr oft und sehr schnell heraus, dass dem eben nicht so ist.

Mitarbeiter machen ihren Job. Fertig. Der Käfer an sich spielt dann keine Rolle, da er überhaupt nicht vorgesehen ist. Wenn er nicht vorgesehen ist, dann ist er auch kein Bestandteil des zu erledigenden Jobs. Der Käfer ist damit außen vor – und wohnt gemütlich neben der Semmel und niemand interessiert sich für ihn. So funktioniert aber weder Qualität, noch Innovation, noch Agilität.

 

Der Skandal um die Semmel und ein Ende

Mitarbeitende müssen sich mit Ihrem Unternehmen, zumindest aber mit ihrem Arbeitsbereich und mit ihrer Arbeitsumgebung identifizieren. Sie müssen wissen, wo das eigene Unternehmen hin will, wofür es steht und was sie dafür tun können. Und wenn sie das wissen, dann können sie danach agieren. Nur dann sehen und vor allem interessieren sie die Käfer und Mäuse. Dann sehen sie auch die Ideen und die Lösungen für ihre Kunden und sie wissen, was zu tun ist. Und Sie wissen eben auch, dass der Käfer neben der Semmel mal schnell einen enormen Skandal wert ist.

Vielleicht ist es noch wichtig verärgert zu erwähnen, dass unser Bewusstsein als Verbraucher in Bezug auf  Großbäckereien mittlerweile auch sehr geprägt ist …

 

Dr. Markus Reimer live erleben: hier.