Gegen den Strom

Sind Sie ein kreativer, gar ein innovativer Mensch und schwimmen gegen den Strom? Dann haben Sie automatisch und sofort, ohne dass Sie sich darum bemühen müssten, eine Menge Widersacher. Diese wollen, dass Sie aufhören mit Ihren neuen Ideen!

 

Konform ist einfach – konform kann jeder!

Auf amazon.de werden Bücher rezensiert, dass es nur so eine Freude ist. Da gibt es Rezensenten, die haben schon mehrere tausend Bücher bewertet und im Vorfeld dann ja wohl auch gelesen … und da fragt man sich natürlich spontan: Wie machen die das? Aber: Darum geht’s hier gar nicht.

Interessant ist viel mehr die Tatsache, dass sowohl für den interessierten Kunden, als eben auch für den Rezensenten die Rezensionen der anderen lesbar sind. Und somit dürfte hier – von Fake-Rezensionen mal abgesehen – ein ziemliches Maß an Konformitätsbewertungen vorhanden sein. Was heißt das und warum soll dem so sein? Es hat mit Anpassung zu tun. Einer menschlichen Eigenschaft.

 

Gegen den Strom ist Exklusion

Bereits 1955 belegte der US-Psychologe Solomon Asch, dass die Macht der Anpassung geradezu überwältigend ist. Er zeigte einer Personengruppe 18mal zwei parallele Bilder, auf denen es gleichlange Linien zu benennen galt. Die Personengruppe bestand dabei aber nur aus einer einzigen echten Versuchsperson! Die acht weiteren Versuchspersonen waren von Asch instruiert. Zwölfmal gaben nun die instruierten Personen eine richtige Antwort, und sechsmal antworteten sie ganz offensichtlich falsch. Die Frage war, ob sich die echte Versuchsperson nun auch den vorherrschenden falschen Lösungen anschließen, oder ob sie die offensichtlich richtigen Lösungen benennen, also gegen den Strom schwimmen würde.

Man ahnt es: Über 75% der Versuchspersonen schlossen sich mindestens einmal einer falschen, dafür aber mehrheitlichen Meinung an; lieber falsch und dazugehören, als richtig und alleine sein. Jedoch: Gibt es nur eine einzige Person, die die Stimme gegen die Mehrheit erhebt, dann steigt die Wahrscheinlichkeit enorm, dass die Versuchsperson nun auch gegen die Mehrheitsmeinung stimmt. Man ist ja nicht mehr alleine gegen den übermächtigen Strom.

 

Warum gegen den Strom?

Was können, nein, was müssen wir daraus lernen?

Sie fällen ein übles Urteil zu einem Buch und wollen nun auf amazon Ihrer enormen Kritik an diesem Werk Ausdruck verleihen. Bevor Sie aber auch nur ein Wort geschrieben haben sehen Sie, dass viele Rezensenten von diesem Buch begeistert sind. Und dann lesen Sie, warum dem so ist. Und schon sind Sie ein wenig milder gestimmt. Und Sie lesen noch mehrere Bewertungen und plötzlich schreiben Sie, dass Ihnen das Buch im Großen und Ganzen recht gut gefallen hat … der Strom hat sie einfach mitgerissen.

Sind Sie ein kreativer, gar ein innovativer Mensch? Dann haben Sie automatisch und sofort, ohne dass Sie sich darum bemühen müssten, eine Menge Widersacher. Diese wollen, dass Sie aufhören mit Ihren neuen Ideen! Schluss machen mit Veränderungen! Überhaupt ginge das sowieso nicht und wer sollte das denn auch noch machen …

Und dann ist es doch ein gutes Gefühl zu wissen: Sie brauchen nicht die Masse hinter sich! Ein Einziger kann Ihnen schon den Mut geben, Ihren Weg zu gehen – sei dieser nun offensichtlich oder nicht. Das heißt: Wir brauchen auch in Unternehmen Menschen, die sich gegen den Strom schwimmen trauen. Und vielleicht ist es in manchen Unternehmen gar üblich, dass man seine gegenteilige Meinung nicht nur äußern darf, sondern dann man sogar dazu aufgefordert wird. Das wäre mal eine Unternehmenskultur!

Fast zu schön, um wahr zu sein …

 

Dr. Markus Reimer live erleben zum Thema „Unternehmenskultur“ – hier.