Fast fliegende Züge

Wenn ein mit Kreativität und Enthusiasmus „gesegneter“ Eisenbahningenieur, der zugleich auch Pilot ist, nachdenkt, dann können Innovationen entstehen. Es können Innovationen entstehen; es muss aber nicht zwingend so sein.

Die Bahn in den USA musste in den 60er Jahren mit dem immer weiter voranschreitenden Ausbau der Highways und der zunehmenden Anzahl an Autos rückläufige Passagierzahlen hinnehmen. Darum suchte man händeringend nach neuen Möglichkeiten: Was konnte die Bahn bieten, was die Autos auf dem Highway nicht bieten konnten? Hohe Geschwindigkeit! Züge können schneller, viel schneller sein als Autos. Die Lösung! Wirklich?

Don Wetzel, leidenschaftlicher Bahningenieur und eben auch Pilot, brachte dann 1966 zwei Dinge zusammen, die bis dahin noch nicht zusammengehört hatten: Züge und Düsenantriebe. Eine Innovation? Die Lösung gegen Autos! Wirklich?

Mit Engagement, Herzblut und Leidenschaft verwirklichte Wetzel diesen Gedanken. Er montierte auf das Dach eines nicht mehr ganz neuen Triebwagens zwei ebenso nicht mehr neue Jet-Antriebsaggregate und nannte das angehende Schienengeschoss „M-497“.

Der „M-497“ … eine Innovation?

Im Juli 1966 unternahm Don Wetzel, zusammen mit dem Präsidenten der New York Central als Co-Piloten, mit  Pilotenausstattung, die erste große Testfahrt. Und sie stellten tatsächlich einen USA-Schienen-Geschwindigkeitsrekord auf: 296 km/h! Die Fahrt war ein triumphaler Erfolg, denn damit war bewiesen, dass düsenbetriebener Zugverkehr auf den vorhandenen Schienen möglich war. Das hieß: Sehr schneller Zugverkehr war möglich! Konnte man damit gegen die Highway-Autos bestehen? War also die Innovation gelungen?

Der Präsident der New York Central, der Co-Pilot, kam zur Überzeugung: Nein! Eine düsenbetriebene Zugfahrt für Passagiere schien ihm nach der eigenen Erfahrung aus dieser Testfahrt unzumutbar. Das Unterfangen wurde eingestellt. Aus der Idee und der erfolgreichen praktischen Umsetzung konnte keine Innovation werden;  denn das eigentliche Ziel, den Autos auf den Highways Paroli bieten zu können, schien durch diese Erfindung nicht erreichbar. Der erfolgreiche M-497 wurde wieder zurückgebaut. Das Projekt beerdigt.

Das ist ein Paradebeispiel dafür, dass Erfolg nicht immer gleichbedeutend mit erfolgreich ist; und dafür, dass aus vielen (den meisten!) Ideen trotz großem Engagement eben keine Innovationen werden. Das ist schade – in diesem Fall vor allem für den engagierten Don Wetzel.