Bullshit, Herr Ranga Yogeshwar!

Deggendorf, 18.10.2015

Sehr geehrter Herr Yogeshwar,

vor kurzem habe ich von Ihnen eine Art Vorwort zu einem Innovations-Wettbewerb, dessen Mentor Sie sind, gelesen. Und sagen wir mal so: Ich war vielleicht nicht entsetzt, so aber dennoch kurz davor. Hätte ich das von Ihnen angesprochene Armband getragen: Es hätte – ein Ampelsystem vorausgesetzt – rot, sehr rot geleuchtet. Und es leuchtet noch immer rot! Doch um was geht es überhaupt?

Nun, Sie schreiben in Ihrem Vorwort, dass wir weniger Bullshit-Innovationen brauchen. Und da wird es für mich, der sich nun schon seit vielen Jahren sehr intensiv mit dem Thema Innovation beschäftigt, etwas verwirrend: Weil Sie als Beispiel ein Armband anführen, welches dem Träger anzeigt, in welchem Gemütszustand er sich befindet. Sie sagen: Das braucht kein Mensch und das ist deswegen Bullshit. Ich darf dazu sagen, werter Herr Yogeshwar: Ihre Aussage ist Bullshit, und zwar kein kleiner.

Das Prinzip von Innovation ist, dass es sich um etwas Neues handelt und dass es sich erfolgreich in der Praxis etabliert hat.

Ist es nicht neu – ist es keine Innovation!

Ist es nicht erfolgreich – ist es auch keine Innovation!

Und das bestimmt eben kein einzelner Mensch, sondern der Markt. Und wenn das von Ihnen angesprochene Armband sich nirgendwo durchsetzen kann, weil es niemanden interessiert, dann ist es keine Innovation, sondern nur eine Seifenblase – in Ihren Augen: Bullshit. Und wenn es sich durchsetzen kann, dann ist es eben eine Innovation; die Sie dann auch als Bullshit bezeichnen …

Hätten Sie nun geschrieben, dass Landminen allgemein, oder Landminen, die so konzipiert sind, dass sie Menschen nicht töten, sondern nur deren Gliedmaßen zerfetzen oder abreißen, oder dass Landminen, die als Spielzeug getarnt sind, so dass Kinder sie neugierig aufheben, … dass diese leider erfolgreichen Erfindungen Bullshit-Innovationen sind – ja, dann wären wir uns über Ihren Innovations-Bullshit sofort einig. Aber ein Armband, welches einen Gemütszustand anzeigt?

Und Sie fragen ironiebeladen, werter Herr Yogeshwar: Wer braucht so etwas? Um im nächsten Satz diese Idee als unsinnigen Gimmick zu bezeichnen. Ob Sie sich das gut überlegt haben? Ich denke nicht!

Ich habe zum Beispiel schon seit vielen Jahren mit Organisationen zu tun, die sich um schwerstmehrfachbehinderte Menschen kümmern; um Menschen, die oftmals nicht in der Lage sind, ihren Gemütszustand in einer uns sofort nachvollziehbaren Art und Weise zu zeigen. Sicher wissen die betreuenden Menschen irgendwann die auch noch so kleinen Gesten einzuordnen. Aber wäre gerade nicht ein solches Armband eine erste Hilfestellung? Einfach nur so als Beispiel.

Es geht niemals nur um die Erfindung selbst, sondern vor allem auch um den Anwendungsbereich – und wenn ich das Armband nicht nur für mich alleine betrachte, dann sieht das doch gleich anders aus, oder? Auch die berühmten, oft zitierten und zunächst dysfunktionalen Post-its wären dann in Ihren Augen erstmal Bullshit gewesen: Bis der Anwendungsbereich geändert wurde.

Innovationen suchen sich ihre Wege. Als Mentor eines Innovationswettbewerbs zu konstatieren, dass irgendwelche Ideen und Erfindungen per se Bullshit seien,  ist – sagen wir mal so – Bullshit. Erfindergeist wecken und unterstützen Sie durch solche Statements nicht.

Doch was ist die Aufgabe eines Mentors, Herr Yogeshwar?

Mit dieser Frage und mit (m)einem imaginär nun grün leuchtenden Armband verbleibe ich mit besten Grüßen

Ihr  Markus Reimer

 

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